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LYRICS

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GEROLD HUBER, RUTH ZIESACK, CARSTEN SÜSS "MENDELSSOHN . Early songs"

1 Sicheln schallen, Ähren fallen [1823] (Ludwig Heinrich Christoph Hölty 1748-1776)

Sicheln schallen, Ähren fallen
Unterm Sichelschall;
Auf den Mädchenhüten
Zittern blaue Blüten,
Freud' ist überall.

Sicheln klingen, Mädchen singen
Unterm Sichelklang;
Bis, vom Mond beschimmert,
Rings die Stoppel flimmert,
Tönt der Erntesang.

Jeder scherzet, jeder herzet
Dann sein Liebelein.
Nach geleerten Kannen
Gehen sie von dannen,
Singen und juchei'n!


2 ICH DENKE DEIN [1823] (Friedrich von Matthison 1761-1831)

Ich denke dein, wenn durch den Hain
der Nachtigallen Akkorde schallen!
Wann denkst du mein?

Ich denke dein, mit süßer Pein,
mit bangem Sehnen und heißen Tränen!
wie denkst du mein?

O denke mein bis zum Verein auf besserm Sterne!
In jeder Ferne in jeder Ferne
denk ich nur dein!

3 Weinend seh ich in die Nacht [1828] (Anonymus)

Weinend seh' ich in die Nacht,
Weinend träum' ich, bis es tagt,
Und doch kennt mein frommes Herz
Keinen Wunsch und keinen Schmerz,
Warum ich weine.

Grosse Nacht, du bist so weis’,
Nachtwind, flüst're du mir leis',
Öffnet euren stummen Mund,
Ach, ihr Blumen, tut mir kund,
Warum ich weine.


4 Lieben und Schweigen [1842] (Konstantin von Tischendorf 1815-1874)

Ich flocht' ein Kränzlein schöner Lieder,
Ihr Name klang in jedem wieder,
Ich schrieb ihn in Blätter und Blumen ein
Und wahrte sie lang in geheimem Schrein.
Ich grub ihn tief in dunkle Eichen,
Ich liebte so schön und musste schweigen.

Ich folgt' im Flug ihr durch die Auen,
Ich mochte sie nur gerne schauen.
Es stand mir das Auge in Tränenflut,
Es glühte das Herz mir in Liebesglut.
Es glühte, den Himmel in ihr zu erreichen,
Ich liebte so heiss und musste schweigen.

Vor Sehnsucht erblasst' ich', wollte sterben,
Mocht' um kein andres Kleinod werben,
Sah prangende Röslein gar lieb und schön,
Ging eilend vorüber, liess alle stehn.
Ich nannte mein Herz ja nimmer mein eigen,
Ich liebte so treu und musste schweigen.


5 Rausche leise, grünes Dach [1824] (Albert Graf von Schlippenbach 1800-1886)

Rausche leise, grünes Dach,
Fließe, fließe, stiller Bach –
sanft durch Wiesen und Auen.
Seufzer rauschen mit darein,
Tränen, die im Abendschein
Von den Wimpern mir tauen!

Herz, warum so bang und schwer?
Leis vom Hügel weht es her –
sanft ein Klingen der Sterne.
Bruder! Treuer Bruder!
Du sendest deinen Gruß mir zu,
Gruß aus seliger Ferne!

Horch, wie alle Wipfel wehn,
winkt ein Knabe freundlich schön mir –
vom schwellenden Hügel.
Schöner Knabe, du heißt Tod,
und es schmückt das Abendrot
Dich mit schimmerndem Flügel.


6 ERWARTUNG (Anonymus)

Bist auf ewig du gegangen,
Teurer, kehrst du nie zurück?
Lässt umsonst dein Mädchen bangen,
Raubst ihr das geträumte Glück.
Ach, es wich mir Ruh' und Frieden,
Seit von mir du bist geschieden!

Dumpf in ungemessen Räumen,
Wog' an Wog' empor sich hebt,
Bis zum fernsten Himmelssaume
Auf sie zu den Wolken strebt,
Und ich höre sie mit Grausen
Wild an ferne Felsen brausen.

Doch vergebens hoff' ich Kunde,
Wo, Geliebter, jetzt du weilst,
Wann mir endlich naht die Stunde,
Wo du mir entgegen eilst.
Dunkler Gott, o hab' Erbarmen,
Gib mir Ruh' in seinen Armen!


7 Gruß [1840] (Max von Schenkendorf 1783-1817)

O könnt' ich zu dir fliegen,
Ein Vögelein, in Eil,
An deine Brust mich schmiegen,
Da träfe mich kein Pfeil!

O gält es nur zu schwimmen
auf wilder, weiter See,
Oder hinan zu klimmen
Die steilste Felsenhöh!

Das wäre wohl ein Leichtes
Um solch ein Himmelsgut,
Allein kein Blick erreicht es,
Kein Sehnen und kein Mut.

Doch muß ich stets mich wenden
Zu deiner Gegend hin,
Und immer Grüße senden
Voll treuem Liebessinn.

8 Volkslied [1842] (Ferdinand Freiligrath (1810-1876) nach Robert Burns (1759-1796))

O säh ich auf der Heide dort im Sturme dich,
Mit meinem Mantel vor dem Sturm beschützt’ ich dich!
O kommt mit seinen Stürmen je dir Unglück nah,
Dann wär dies Herz dein Zufluchtsort, gern teilt’ ich’s ja!

O wär ich in der Wüste, die so öd und dürr,
Zum Paradiese würde sie, wärst du bei mir.
Und wär ein König ich, und wär die Erde mein,
Du wärst in meiner Krone noch der schönste Stein.


9 Und über dich wohl streut der Wind [1844] (Anonymus)

Und über dich wohl streut der Wind
Die Blüten deines Baumes,
Du stehst und sinnst, die Träne rinnt
Fort, Bilder süßen Traumes!

Geht auch die Jugend schnell dahin
Und schnell der Tanz des Lebens,
O Kind, du hast dess kein Gewinn,
Die Tränen sind vergebens.

10 ABSCHIED [1830] (Anonymus)

Es wehen die Wolken über Meer,
Die See, die brandet hohl,
Des Kindes Glück ist tränenschwer.
Noch einmal lebe wohl!

Noch einmal drückt er sie an Herz,
Sie sieht ihm nach: „Ade!“
Die Wolken jagen abendwärts,
es braust die wilde See.


11 ABSCHIED [1830] (Anonymus)

Leb wohl, mein Lieb und weine nicht!
Hast mich ja nie verkannt.
Leb wohl, mein Lieb, mich ruft die Pflicht,
mich ruft das Vaterland.
Vertrau auf Gott, vertraue mir,
So wie ich Gott vertrau und dir.


12 Weiter, Rastlos, Atemlos [1830] (Anonymus)

Weiter, rastlos, atemlos
Vorüber festlich helles Schloß.
Geißle Sturm die müde Nacht,
Daß sie waldeinwärts mit mir jagt.
Und ist es wahr, du liebtest mich,
Maria, und verrietest mich,
Und ist es wahr, du liebtest mich?


13 SULEIKA [1834] (Marianne von Willemer 1784-1860)

Ach, um deine feuchten Schwingen,
West, wie sehr ich dich beneide:
Denn du kannst ihm Kunde bringen
Was ich in der Trennung leide!

Die Bewegung deiner Flügel
Weckt im Busen stilles Sehnen;
Blumen, Auen, Wald und Hügel
Stehn bei deinem Hauch in Tränen.

Doch dein mildes sanftes Wehen
Kühlt die wunden Augenlider;
Ach, für Leid müsst' ich vergehen,
Hofft' ich nicht, zu sehn ihn wieder.

Eile denn zu meinem Lieben,
Spreche sanft zu seinem Herzen;
Doch vermeid' ihn zu betrüben
Und verbirg ihm meine Schmerzen.

Sag' ihm, aber sag's bescheiden,
Seine Liebe sei mein Leben,
Freudiges Gefühl von beiden
Wird mir seine Nähe geben.


14 AVE MARIA [1820] (Adam Storck (1780-1822) nach The Lady of the Lake by Sir Walter Scott 1771-1832)

Ave Maria! Jungfrau mild!
Erhöre einer Jungfrau Flehen!
Aus diesem Felsen starr und wild
Soll mein Gebet zu dir hinwehen.
Ave Maria Jungfrau mild!
Wir schlafen sicher bis zum Morgen,
Ob Menschen noch so grausam sind.
Ave Maria, Jungfrau mild!
O Jungfrau sieh der Jungfrau Sorgen,
O Mutter, hör ein bittend Kind!
Ave Maria!


15 Raste Krieger. Krieg ist aus! [1820] (Adam Storck nach The Lady of the Lake von Sir Walter Scott)

Raste Krieger! Krieg ist aus,
Schlaf den Schlaf, nichts wird dich wecken,

Träume nicht von wildem Strauß
Nichts von Tag und Nacht voll Schrecken.

In der Insel Zauberhallen
Wird ein weicher Schlafgesang
Um das müde Haupt dir wallen
Zu der Zauberharfe Klang.

Raste Krieger! Krieg ist aus…

Feen mit unsichtbaren Händen
Werden auf dein Lager hin
Holde Schlummerblumen senden,
Die im Zauberlande blühn.

Raste Krieger,!....

16 Glosse [1825] (Friederike Robert 1771-1833)

Mitleidsworte, Trostesgründe,
Neue Dornen diesem Herzen;
Was ich sehe, hör’, empfinde,
Alles schärfet meine Schmerzen.

Schwesterseele, schuldlos reine,
zürne nicht, Wenn ich der Zähren
mich nicht länger kann erwehren,
Ach! Verzeihe, dass ich weine.
Lass die Traurige alleine,
Fliehe vor dem Unglückskinde,
Denn vielleicht was ich empfinde
Möchte ich undankbar erzählen,
Dir verraten, wie mich quälen
Mitleidsworte, Trostesgründe!

Mitleidsworte, Trostesgründe,
Widerhall der eigenen Klagen
Die mich doppelt schneiden plagen,
Weil in Trost ich Leid nur finde.
Als ein Abschiedsangebinde
ließ er Tränen mir und Schmerzen,
Diesen Trost würd’ ich verscherzen,
Wenn ich nur an Trost gedächte,
Ja schon der Gedanke brächte
Neue Dornen diesem Herzen?

O wie gern wollt ich verschmerzen
Neue Leiden, neue Plagen,
um die alten zu ertragen,
doch es sind dieselben Schmerzen,
die ich nimmer überwinde,
weil sie nur mit mir vereinigt,
dass mich alles peinigt
was ich sehe, hör’, empfinde,
die Natur in ihrem Walten,
meine eignen Traumgestalten,
was ich leidend mir erfinde.

Mitleidsworte, Trostesgründe,
neue Dornen diesem Herzen,
und doch wollt’ ich’s gern verschmerzen,
wüsst ich ihn geliebt und liebend.
Nein, auch dies ist nur betrübend.
Alles schärfet meinen Schmerz.


17 Der Verlassene [1821] (Anonymus)
(1. Fassung)

Nacht ist um mich her, im Mondenscheine
Feiert rings die blühende Natur,
Schwarz bedecket ruht die junge Flur!
Philomenes Lied erstarb im Haine.

Alles ruht so süß! Ich Armer nur
Stehe traurig einsam hier und weine,
Suche überall nur sie, die eine,
Ach, und finde nirgends ihre Spur.

Wie die Blumen hier nach neuer Sonne
An den goldnen Strahlen zu erwärmen
Mit gesenktem Haupt sich innig sehnen,
So erträum ich mir in meinen Tränen
Jene neidenswerte Himmelswonne,
Die Verlorne wieder zu umarmen.


18 Der Bettler [1830] (Anonymus)

Ich danke Gott, dir Gott im hohen Himmel!
Dass ich, zurück aus blutgem Schlachtgewimmel,
Sie bald und hier umschlinge,
Wo ich sie ließ im Schmerz.
Sie kommt, wie sie leidet!
Und ich, hier verkleidet!
O Teure, nein zwinge, nein halte dich mein Herz!
Ich bin’s, erkenne mich, hör mich, mein Leben.

19 Tanzt dem schönen Mai entgegen [1823] (Ludwig Heinrich Christoph Hölty)

Tanzt dem schönen Mai entgegen,
der in seiner Herrlichkeit,
wiederkehrend Reiz und Segen
über Tal und Hügel streut.
Seine Macht verjüngt und gattet alles,
was der grüne Wald,
was den zarten Halm beschattet
und die laue Wog’ umwallt

Flieht der Stadt umwölkte Zinnen!
Hier wo Mai und Lieb’ euch ruft,
atmet schöne Städterinnen,
atmet frische Maienluft.
Irrt mit euren Sonnenhütchen
auf die Frühlingsflur hinaus,
singt ein fröhlich Maienliedchen,
pflücket einen Blumenstrauß!


20 Durch Fichten am Hügel [1823] (Friedrich von Matthison)

Durch Fichten am Hügel, durch Erlen am Bach,
Folgt immer dein Bildnis, du Traute, mir nach.
Es lächelt bald Sehnsucht, es lächelt bald Ruh'
Im freundlichen Schimmer des Mondes mir zu.
Durch Fichten am Hügel, durch Erlen am Bach,
Folgt immer dein Bildnis, du Traute, mir nach.


21 Sanft wehn, im Hauch der Abendluft [1822] (Friedrich von Matthison)

Sanft wehn, im Hauch der Abendluft,
Die Frühlingshalm' auf deiner Gruft,
Wo Sehnsuchtstränen fallen.
Nie soll, bis uns der Tod befreit,
Die Wolke der Vergessenheit
Dein holdes Bild umwallen!

Wohl dir, obgleich entknospet kaum,
Von Erdenlust und Sinnentraum,
Von Schmerz und Wahn geschieden!
Du schläfst in Ruh'; wir wanken irr'
Und unstet bang' im Weltgewirr',
Wir wanken irr und haben selten Frieden.


22 Lied einer Freundin [1837] (Marianne von Willemer)
(2. Fassung)
Zarter Blumen leicht Gewinde
bring ich dir zum Angebinde;
Unvergängliches zu bieten,
war mir leider nicht beschieden.

In den leichten Blumenranken
Lauschen liebende Gedanken,
Die in leisen Tönen klingen
Und Dir fromme Wünsche bringen.

Und so bringt vom fernen Orte
Dieses Blatt dir Blumenworte;
Mögen sie vor deinen Blicken
Sich mit frischen Farben schmücken!

23 Auf dem Wasser [1846] (Heinrich Heine)
(5. Fassung)

Mein Liebchen, wir saßen zusammen,
So traulich im leichten Kahn.
Die Nacht war still, und wir schwammen
Auf weiter Wasserbahn.

Die Geisterinsel, die schöne,
Lag dämmrig im Mondenglanz.
Dort klangen liebe Töne,
Und wogte der Nebeltanz.

Dort klang es lieb und lieber,
es ward uns wohl und weh.
Wir schwammen leise vorüber,
Allein auf weitem See.


24 Erinnerung [1837] (Heinrich Heine 1797-1856 )
(1. Fassung)

Was will die einsame Träne?
Sie trübt mit jeden Blick
Sie blieb aus alten Zeiten
in meinem Auge zurück.

Sie hatte viel leuchtende Schwestern,
die alle zerflossen sind,
mit ihren Schmerzen und Freuden,
zerflossen in Nacht und Wind.

Ach, meine Liebe selber
Zerfloss wie eitel Hauch,
du alte, einsame Träne,
zerfließe du jetzt auch.


25 Am Seegestad [1823] (Friedrich von Matthison)

Am Seegestad, in lauen Vollmondnächten,
Denk' ich nur dich!
Zu deines Namens goldnem Zug
Verflechten die Sterne sich.

Die Wildnis glänzt in ungewohnter Helle,
Von dir erfüllt;
Auf jedes Blatt, in jede Schattenquelle
Malt sich dein Bild.

Ihr schmelzend Mailied weinte Philomele
im Uferhain;
Da fleht' ich dir, im Blick die ganze Seele:
Gedenke mein!


26 Wiegenlied (1822) [Anonymus]

Schlumm're sanft und milde,
Schliess die Äuglein zu.
Auch der Erd' Gefilde
Sinken nun zur Ruh'.
Nach des Tages Mühen
Freu'n wir uns der Nacht,
Seh'n die Sternlein ziehen
Mit gewohnter Pracht.


27 Der Tag [1830] (Anomyus)

Sanft entschwanden mir der Kindheit Tage,
sanft und schnell, noch keine Klage
kannte damals meine kleine Brust,
kindisch war mein Glück mir unbewusst.

Jüngling war ich, an der Kindheit Tage
Dacht ich oft in stiller Klage,
denn auch nichts erfüllte mich mit Lust.
Immer fühlt’ ich Leere in der Brust.

Heute an dem glücklichsten Tage
Sah ich sie, verstumme, Klage!
Heute soll mir aus der holden Brust
Ewig Leid ertönen oder Lust.

28 Faunenklage [1823] (Salomon Gessner 1730-1788)

Er ist zerbrochen, der schönste Krug,
da liegen die Scherben umher!
Schön war mein Krug,
meiner Höhle schönste Zierde,
und ging ein Waldgott vorüber,
so rief ich: Komm, trink und siehe den schönsten Krug.
Zeus selbst hat bei dem frohesten Fest nicht einen schönern Krug.
Er ist zerbrochen…..etc
Wenn bei mir die Brüder sich sammeln,
dann saßen wir rings um den Krug.
Wir tranken, und jeder, der trank,
sang die darauf gegrabene Geschichte,
die seinen Lippen am nächsten war.
Itzt trinken wir nicht mehr, ihr Brüder, aus dem Krug
Itzt singen wir nicht mehr die Geschichte,
die jedes Lippen die nächste ist.
Er ist zerbrochen…etc.
O klag es Echo dem Hain,
klag des dem Faun in der Höhlen.
Er ist zerbrochen…



29 Rieselt hernieder, schäumende Fluten [1825] (Karl Klingemann 1798-1862)
(2. Fassung)

Rieselt hernieder, schäumende Fluten!
Säusle, du feuchter, umdämmernder Hain!
Kühlt meines Busens verzehrende Gluten,
Löscht meiner Sehnsucht bang harrende Pein!
All euer Rieseln und Wehen und Klingen
Kann nicht das sehnende Denken bezwingen.

Rauschet verhallend, stürzende Wogen,
seht die Geliebte, die Holde mir nah’n.
Nacht und Entzücken sind nieder gezogen,
Seliges Finden! Sanft innig umfah’n!
Seliges Finden! Leise mit Rieseln und Wehen und Klingen
Sollt ihr in seligem Frieden uns singen!


30 Vier trübe Monden sind entflohn (Ludwig Christoph Heinrich Hölty)

Vier trübe Monden sind entflohn,
Seit ich getrauert habe,
Der falbe Wermut grünet schon
Auf meiner Freundin Grabe.
Da horch ich oft, im Mondenglanz
Der Grillen Nachtgesange;
Und lehn an ihren Totenkranz
Die bleichgehärmte Wange.

Da sitz ich armes, armes Kind
Im kalten Abendhauche,
Und manche Sehnsuchtsthräne rinnt
Am falben Wermutstrauche.
Der Flieder und die Linde
Wehn mir bange Seelenschauer;
Und hohe, düstre Schatten gehn
Rings an der Kirchhofsmauer.

Die Kirchenfenster regen sich,
Es regen sich die Glocken,
Es glänzt! Ach seh ich dich,
Mit deinen hellen Locken?
Der Mond ist’s, der die Wolken teilt,
ins Kirchenfenster scheinet.
O täusch mich nicht, o komm zurück zu mir
Die hier so einsam weinet.


31 Die Nachtigall [1821] (Anonymus)

Da ging ich hin und dachte nicht an Liebe,
An Erdenarbeit nur und Erdenlohn.
Da hört ich ihren ersten Ton,
Und schnell war’s tief in meinem Herzen trübe.

Da bluten von Neuem meine Wunden,
Da sah ich alle die vergessnen Stunden,
Da war mir Erdenlohn nicht mehr Gewinn,
Da schlug in meinen Adern ängstlich Sehnen,
Da stiegen Seufzer auf, da kamen Tränen,
Da war ich wieder, wo ich immer bin.
Da ging ich hin.


32 Hüt Du Dich [1834] (aus: Des Knaben Wunderhorn)

Ich weiß ein Mädchen hübsch und fein
Hüt du dich!
Die kann wohl lieb und freundlich sein
Hüt Du Dich!
Vertrau ihr nicht, sie narret dich!

Sie hat ein licht goldfarbnes Haar,
Hüt du dich!
Und was sie red’t, das ist nicht wahr,
Hüt du dich!
Vertrau ihr nicht, sie narret dich!

Sie gibt dir ein Körblein fein gemacht
Hüt Du Dich!
Für einen Narren wirst du geacht',
Hüt Du Dich!
vertrau ihr nicht, sie narret dich!


33 Es rauscht der Wald, er springt der Quell [1825] (Ludwig Tieck (1773-1853))

Es rauscht der Wald, es springt der Quell,
Die Sonne scheint hernieder.
Da wandert froh der Junggesell,
Singt Baum und Felsen seine Liebe.
Dem muntern, frischen, freien Blut
Die ganze Welt so hold und freundlich tut.

Da unten ist der Städte Zahl,
Da wohnen Not und Leiden,
Die Armut klagt im stillen Tal,
Sich wollen die armen Ehleute scheiden.
Da wandert fort, eilt weg so schnell,
Der heitre, lust’ge Junggsell.

Und will die Liebe ihn listig fangen,
Doch wird nicht wanken sein Entschluss.
Er küsst die Lippen und Wangen,
Meidet des Ehestands Verdruss,
Spannt man die Heiratsnetze aus,
Gleich dreht sich der Knabe sich zur Tür hinaus.


34 Reiterlied [1830] (Anonymus)

Immer fort von Ort zu Ort
Bergauf, bergab im klingenden Trab,
Mutig, mein Ross, schon she ich das Schloss,
Es blinken der Fenster langen Reihn im Mondenschein.

O einzig Gefühl, nun sind wir am Ziel.
Leb wohl, mein Tier, und weide nun hier.
Ich eil durch den Wald, da find ich sie bald,
Ich fühle sie schon, die klopfende Brust
O Götterlust!


35 So schlaf in Ruh [1838](August Heinrich Hoffmann von Fallersleben 1798-1874)

So schlaf' in Ruh!
Die Zeitlos' und die Tulpe nickt,
Auf daß der Schlaf sie auch erquickt.
[Refrain] Die Äugelein zu!
Mein Kindlein du!
Nun schlaf' in Ruh!

So schlaf' in Ruh!
Die Sternlein leuchten hell und klar,
Es kommt von dort der Engel Schar,
(Refrain)

So schlaf' in Ruh!
Es kommt auch einer her und wacht,
Mein Kind, bei dir die ganze Nacht.
(Refrain)

So schlaf' in Ruh!
Er breitet seine Flügel aus,
Und singt: O segne Gott dies Haus!
(Refrain)